Teil 5 des Abenteuers
Dieser Beitrag ist Teil einer Serie von Berichten über unsere Überführung eines Segelbootes, der “Chabis of Dart” im Sommer 2021 rund um halb Europa, nämlich von Faro in Portugal entlang der iberischen Atlantikküste durch die Biskaya und den Englischen Kanal und die Nordsee bis nach Wilhelmshaven in knapp 4 Wochen. (Die Bilder lassen sich vergrößern und als Galerie durchklicken.)
Im Reisebericht unserer Whatsapp-Gruppe schrieben wir am Dienstag, den 13.07.2021 um 10:50 Uhr sinngemäß:
Au revoir Cherbourg! Le voyage continue. Nach 3 Nächten in Cherbourg setzen wir unsere Reise fort. Der Englische Kanal mit der Meeresenge von Calais liegt vor uns. Nach der Riesenetappe von A Coruña mussten wir vorhin zunächst erst einmal tanken. Dabei bewahrheitet sich: Wir hatten einen Verbrauch von durchschnittlich nur 2 Litern/h. Natürlich nur dann, wenn wir den Motor überhaupt brauchen. Mit den 200 Litern aus dem Haupttank können wir damit theoretisch 4 Tage und Nächte jeweils 24 Stunden lang rund um die Uhr motoren! Damit wären wir auch ohne unsere 6 Reservekanister mit insgesamt 100 Zusatzlitern, die wir unterwegs sicherheitshalber mit einem Schüttelschlauch in unseren Dieseltank – zum Glück recht problemlos – umgefüllt hatten, von A Coruña nach nach Cherbourg gekommen. 🙂 Mit einem Segelboot zu reisen, ist schon ein großes Stück Unabhängigkeit und Freiheit!
Im Reisebericht unserer Whatsapp-Gruppe schrieben wir am Donnerstag, den 15.07.2021 um 13:36 sinngemäß:
Liebe Freunde,
wir sind überglücklich!! Die Kanalenge von Calais liegt hinter uns! Wir haben gestern gegen 22 Uhr und 189 weiteren Seemeilen seit Cherbourg in Dunkerque festgemacht. Nach der Biskaya ist damit die zweite große Herausforderung gemeistert. Gerade vor dem Kanal als einer der meistbefahrensten Schiffahrtsstraßen überhaupt und seinen Strömungen hatten wir großen Respekt. Wir kennen erfahrene Segler, die sich für die erste Kanalpassage extra einen kanalerfahrenen Segler mit an Bord genommen haben. Und wir, schwups sind einfach so durch. 😀
Allerdings haben wir uns nicht wie bisher die Nachtwache geteilt, sondern fast die ganze Nacht gemeinsam aufgepasst. Demenstprechend müde sind wir nach 36 Stunden Fahrt – trotz gewisser Erholung, die wir seit unsererer Ankunft hier in der vergangenen Nacht bereits hatten. Später mehr! Jetzt ruhen wir uns erst einmal aus und freuen uns.
Liebe Grüße
Emma, Sandra & Ralf
Die Fahrt mit unserem kleinen Sportboot durch die engste Stelle des Englischen Kanals zwischen Calais und Dover war weniger problematisch, als wir es vermutet hatten. Das Verkehrstrennungsgebiet (VTG) “Strait of Dover / Pas de Calais” lässt kleineren Booten auch an der schmalsten Stelle zwischen Insel und Kontinent noch genügend Platz, um außerhalb zu fahren und den Frachtern damit aus dem Weg zu gehen. Auch die Strömungen im Wechsel der Gezeiten waren nicht zu stark. Auch gegen die Strömung verlangsamte sich unsere Fahrt kaum unter 3,5 Knoten. (Rückblickend war die erst noch folgende Etappe entlang der Niederlande mit dem Schiffsverkehr nach Rotterdam viel, viel schwieriger.) Lediglich die Nacht war kalt und teilweise regnete ist. Dementsprechend wechselhaft war auch der Wind, der allerdings immerhin immer wieder mindestens unterstützende Segel ermöglichte.
Der Hafen in Calais wurde uns als nicht so idyllisch beschrieben. Außerdem kann man wohl nur 2 Stunden vor bis 2 Stunden nach Hochwasser in den Hafen einfahren. Eine weitere Nacht bis Den Helder durchsegeln wollten wir auch nicht. Oostende wäre eine Option gewesen. Als frankophile Familie haben wir uns dann aber für Dunkerque bei den “Ch’tis” kurz vor der belgischen Grenze entschieden.
Schon auf der Anfahrt dorthin habe ich Emma versprochen, dass es in Dunkerque bestimmt schon wie bei den Belgiern Pommesbuden gibt, die Schuhkarton große Pommes-Frites Portionen mit haufenweise Mayonnaise verkaufen würden. Darauf freute sie sich und so war es dann (zum Glück) auch. 🙂
Dunkerque ist super sympatisch! Das gilt nicht nur für die Marina und die großartige Hafenmeisterin, sondern für die ganze Stadt mit allem Charme, den man den Ch’tis nachsagt. Ich könnte mir gut vorstellen, hier zu leben. Die öffentlichen Busse sind überigens generell kostenlos!
Tatsächlich sind wir länger geblieben, als zunächst geplant. Erst am Sonntag, den 18.07. sind wir weitergesegelt. Das hatte zwei Gründe:
Zum Ersten haben wir uns an zahlreichen Reparaturen versucht. Insbesondere hatte unser Dieseltank zuletzt die ungehörige Eigenschaft, vollgetankt Kostproben seines Inhalts an die Bilge abzugeben.
Und zum Zweiten haben wir in diesem Hafen so viele nette Bekanntschaften gemacht, wie sonst bisher nirgendwo: Dazu zählen:
- Wilma und Walter mit ihrem Hund “Jimmi” auf Ihrem fantastischen, selbst gebauten Katamaran “Duo”. Ein spannendes Interview über ihr “Abenteuer Segeln” werden wir in einem eigenen Beitrag noch nachtragen.
- Unsere seglerisch höchst ambitionierten unmittelbaren Stegnachbarn Kolja und Julia mit Ihren zwei fast erwachsenen Kindern und weiterem Anhang auf einer Alu-Bénéteau mit Hydrogenerator, die nach Ihrer Ankunft nach eher windigem Wetter vom Boot aus ins eisige Hafenbecken sprangen.
- Die unglaublich netten beiden Segler Astrid und Pascal aus Dunkerque. Ihr Boot “Leda”, eine Bénéteau Oceanis 36 CC und damit sehr ähnlichen Typs wie unsere Chablis of Dart, haben Sie ingeniös mit hunderten kleinen Maßnahmen optimiert, vom Achterbogen bis zum Schweibenwischer. Wir haben wechselseitig unsere Boote besichtigt und werden hoffentlich in Kontakt bleiben. Vielen Dank für Eure vielen Tipps!
- Schließlich Klaus seiner auf Najad 36, der mitbekommen hatte, dass wir uns Gedanken über die weitere Route machten und von sich aus Abends mit seiner niederländischen Seekarte zu uns kam. Er ermutigte uns, die küstennahe kürzere Strecke östlich des risiegen Windparks und des Verkehrstrennungsgebietes Richtung Rotterdam zu wählen. Ohne seine Hilfe hätten wir vermutlich sicherheitshalber den weiteren Weg gewählt. Leider haben wir keine Kontaktdaten. Deshalb hier: Lieber Klaus, vielen Dank für Deine wertvollen Infos!
Im Reisebericht unserer Whatsapp-Gruppe schrieben wir am Sonntag, den 18.07.2021 um 10:50 Uhr sinngemäß:
Liebe Freunde,
um 8:20 Uhr haben wir die Leinen losgeworfen. Wir sind nun auf der Zielgeraden Richtung Den Helder und dann Wilhelmshaven. ⛵
Die letzen beiden Tage haben wir in intensiver Arbeit mit Bootsoptimierungen (Reparaturen) verbracht. Das ist auf einem kleinen Boot immer anstrengend und ein Geduldsspiel. Leider haben nur die Hälfte unserer Bemühungen zum Erfolg geführt. 😣Eine Schranktüre funktioniert beispielsweise wieder. Das Toplicht haben wir trotz 4 weiterer Kletteraktiopnen immernoch nicht hinbekommen. Inzwischen kommen oben immerhin 5 V an, aber eben noch keine 12. Eine kaputte Gummidichtung am Dieseltank haben wir versucht mit Spezialkleber abzudichten. Mal schauen, ob es hilft.
Egal. Der Morgen ist wunderschön! Gerade fahrn wir sehr küstennah Richtung Osten und sind sogar unter Segel. Das wird sich leider bald ändern, weil der Wind von Nord kommt und da wollen wir hin!
Das Wetter ist ruhig, die Sonne scheint. 😎Auf denn!
Liebe Grüße von uns allen!!