Freiheit ist ein zentrales menschliches Grundbedürfnis, fast genauso wichtig wie soziale Anerkennung. Um Freiheit und Abenteuer geht es neben manch anderem auch beim Fahrtensegeln. Dem Gegenstand der Freiheit wegen und weil es sich um eine Insel handelt, die mit dem Segelboot zu bereisen auch unser Ziel ist, sei hier eine Betrachtung unseres nur durch den Britischen Kanal von unserer Nordseeküste getrennten Nachbarstaats erlaubt.
Souveränität zurückerlangen, den Regeln des EU-Binnenmarktes zu entkommen, der Gerichtsbarkeit des Europäischen Gerichtshof nicht mehr zu unterliegen, darauf kam es den britischen Nationalisten an, die in einem Referendum am 23. Juni 2016 für einen Austritt des Königreichs aus der EU stimmten. In letzter Minute wurde nun mehr als vier Jahre später ein Freihandelsabkommen geschlossen, das den Briten all diese Freiheiten gewährleistet und gleichzeitig Einfuhrzölle und Mengenbegrenzungen im Handel zwischen Großbritannien und Europa vermeidet. Eine Quadratur des Kreises? Formal vielleicht, inhaltlich jedoch mitnichten. Die Briten werden sich dem Abkommen zufolge weiterhin an die europäischen Standards der Umweltpolitik, der Arbeitnehmerrechte und der staatlichen Subventionen halten müssen. Nur eben nicht automatisch, sondern in einem eigenen Verfahren mit entsprechender Zollabfertigung, Kontrolle und Streitschlichtung. Eine gigantische Show für das Ego des britischen Nationalbewusstseins. Einen großen Sieg feiert der Inselstaat dabei über die Zurückeroberung der Fischrereirechte im eigenen Hoheitsgebiet. Überall kann man lesen, dass die Fischerei tatsächlich sagenhafte 0,1 Prozent zur britischen Wertschöpfung insgesamt beiträgt. Im Verlauf von 5 Jahren werden die gegenwärtigen Fangquoten der EU-Staaten in britischen Gewässern nun denn tatsächlich um ein Viertel gegenüber dem Status quo sinken. Ganz offensichtlich ein durchschlagender Erfolg für unser Nachbarinselreich.
Wir werden zukünftig einen Reisepass benötigen, wenn wir in unserem Nachbarstaat anlegen und gar ein Visum benötigen, wenn wir in in Großbritannien länger festmachen wollen. Eine wahrhaft marginale Beschränkung unserer Freiheit. Nichts gegen nationale Autonomie, wenn sie z.B. der Lösung sozialer, umweltpolitischer Misstände oder in einer Gesamtbetrachtung der nationalen Ökonomie dient. Aber auch das gehört zum Blick auf das Ganze: Die Freiheit des einen ist häufig gleichzeitig die Beschränkung des anderen. Das große Ziel, das es zu verwirklichen gelten muss, ist indes möglichst viel Freiheit in der Summe zu erlangen. Keine Frage, dies hängt immer auch von der Begrenztheit der Ressourcen ab. Viel Freiheit für möglichst viele heißt deshalb, gemeinsam gegen den Mangel zu kämpfen anstatt in unsinnigem Kleinklein den Mangel allenfalls zu befördern.