Beitragsbild: Arbeitszimmer meines Vaters
Das Weihnachtsfest ist vorüber. Der Versuch, an Weihnachten allen gerecht zu werden, ist immer auch anstrengend, für Eltern mit vier Kindern im Haus allemal. Es waren schöne Tage, ich habe die Zeit mit den Kindern genossen. Schön, dass wir dieses Jahr heute nach den Weihnachtsfeiertagen immerhin noch einen Sonntag haben. Im nächsten Jahr 2021 fallen die Weihnachtsfeiertage genau auf das Wochenende. Ich nutze den heutigen Tag, um weiter auszumisten, wenn auch nur im Kleinen. Es sind einzelne Akten, die ich versuche loszuwerden, um Raum zu schaffen für Neues, für Segelzeit.
Akten anzulegen ist verhältnismäßig leicht. Die gleichwohl müsam angelegten Papierarchive wieder los zu werden, ist hingegen schwierig. Jedenfalls für mich. Gerade habe ich einen Ordner aus Opas Nachlass zerlegt, der die Aufschrift trug “Akien, LBBW, Alt – Bezugsangebote, Kauf, Verkauf, Abrechnungen, Steuerbescheinigungen”. Darin finden sich hunderte von Orderbescheinigungen der “Städt. Girokasse Stuttgart – Öffentliche Bankanstalt”, beginnend aus den 60er Jahren bis etwa Mitte der 80er. Damals noch als fein säuberlich mit Schreibmaschine ausgefüllte Formulare auf einem lustigen beinahe Quadatrischen ca. 21 * 20 cm Papierformat.
Aber wofür? Mir bleibt nichts, als sie zu entsorgen. Der gemeinsame Traum von mir und meiner Frau von Freiheit und Segelzeit lässt keine Wahl. Für den Ballast endloser Erinnerungen und Dokumentationen haben wir keinen Raum. Der Ballast hat auch keinen Sinn, es sei denn ich verdiente mein Geld als Historiker. Genau das ist leider nicht der Fall.
So sehr ich die Wertschätzung für Sachen und Gegenstände in unserer Familie predige und so sehr ich Konsumwut und Wegwerfgesellschaft hasse. Der Sinn des Lebens liegt nicht darin, seine Nachwelt mit der Durchsicht und Vernichtung endloser Archive zu belasten. Bewahren heißt auch und vor allem, sich auf Wesentliches zu konzentrieren. Was vom Leben bleibt ist herzlich wenig: Die Erinnerung der Nachwelt an die eine oder andere Eigenwilligkeit oder Tat. Wer Werte schaffen und weitergeben will, muss sie sauber aufbereiten und sollte es vor allem an einem klaren Testament nicht fehlen lassen. Es ist wie bei der alljährlichen der Weihnachtsaktion für Bedürftige: Nur schöne, neuwertige Sachen dürfen ins Geschenkpaket hinein. Nichts Altes und Verbrauchtes.
Opa hat seine Augen vor dem Blick auf die Geschehnisse nach seinem Tod verschlossen. Sein gutes Recht, was kümmert es ihn? Nein so war er aber nicht. Natürlich hätte ihn das sehr gekümmert, was mit seinem Vermächtnis passiert. Alleine weder er noch ich hatten die Stärke und Gelegenheit, uns rechtzeitig und ausführlich mit dem für jedermann unsausweichlichen Tod und der Zeit danach zu beschäftigen. Das ist gleichzeitig ein Ansporn für mich, meine Sachen in Ordnung zu bringen. Um für mich selbst Raum zu schaffen und um meine Nachwelt vor der Belastung zu bewahren, meinen Nachlass entsorgen zu müssen. Lieber Opa, ich hoffe, Du bis zufrieden, so wie ich es mache.